Modernisierung der Produktion

Seit über 170 Jahren bekennt sich Schulthess zum Produktionsstandort Schweiz: In Wolfhausen im Zürcher Oberland entwickelt und produziert das Schweizer Traditionsunternehmen hochwertige Maschinen, Anlagen und Systemlösungen für private, gewerbliche und industrielle Kundschaft. Um den Anforderungen der gesetzten Wachstumsstrategie gerecht zu werden, arbeitet Schulthess kontinuierlich daran, die Produktionsanlagen zu modernisieren. Der Leiter Produktion und Logistik, Michael Winkler, berichtet im Interview von den Modernisierungen, die bisher bei Schulthess stattgefunden haben, und solchen, die in Zukunft geplant sind.

Aus welchem Grund wird die Produktion kontinuierlich modernisiert?

Schulthess verfolgt eine Wachstumsstrategie, die beinhaltet, dass immer mehr Maschinen verkauft werden. Deshalb soll die Produktion auch in der Lage sein, immer mehr Geräte zu produzieren. Durch die Modernisierung der Produktion am Standort Schweiz und die Implementierung von neuen Fertigungstechnologien möchte Schulthess diesen neuen Anforderungen gerecht werden. Das ist wichtig, damit wir auch weiterhin in der Schweiz produzieren können.

Um mit derselben Anzahl Mitarbeitenden mehr Output zu erreichen, werden Montage und Fertigungsprozesse genaustens analysiert und neu nach Lean-Ansätzen aufgebaut.

Wie erreicht man dieses Ziel mit der gleichen Anzahl Mitarbeitenden?

Das ist geheim! (schmunzelt) Um mit derselben Anzahl Mitarbeitenden mehr Output zu erreichen, werden Montage und Fertigungsprozesse genaustens analysiert und neu nach Lean-Ansätzen aufgebaut. Lean Management beschreibt dabei einen Ansatz der stetigen Prozessoptimierung und umfasst die effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette. Dadurch konnten sogenannte Mudas, also Verschwendungen oder sinnlose Tätigkeiten, eliminiert und Prozesse neu gestaltet werden. Durch die Automatisierung von Anlagen wurden auch Personalressourcen eingespart, die aber stattdessen in neue, durch das Lean Management entstandene Tätigkeiten eingebettet werden konnten. Schulthess ist es wichtig, dass durch die Modernisierungen kein Personal entlassen werden muss, sondern lediglich verschoben werden kann.

Was wurde bereits modernisiert?

Die komplette Montage der Haushaltsgeräte wurde nach den bereits genannten Lean-Ansätzen umgestellt und neu eingerichtet. Für die Blechfertigung – zusammen mit der Montage die Kernkompetenz der Schulthess-Produktion – wurde ein neues, voll automatisiertes Biegezentrum der Marke Prima-Power mit einer zusätzlich implementierten Abkantbank, die von einem Roboter bedient wird, beschafft. Auch stapelt dieser Roboter die fertigen Teile vollautomatisch ab. Durch diese Anlage können nun auch Kleinstserien automatisiert und wirtschaftlich hergestellt werden. Nachdem ein Mitarbeiter sie in Gang gesetzt hat, arbeitet die Anlage ausserdem selbstständig weiter, während er einer anderen Tätigkeit nachgehen kann.

Auch eine neue Rollnahtschweissanlage, um die Stahllaugenpakete wirtschaftlicher herzustellen, wurde installiert. Wo früher alles von Hand erledigt wurde, arbeitet heute ein Roboter. Dieser legt die schweren Laugenpakete ein, danach wird automatisch auf beiden Seiten rollnahtgeschweisst. Indem die schweren Lasten von den Robotern übernommen werden, können auch die Mitarbeitenden entlastet werden. Ein weiterer grosser Vorteil ist, dass wir dort durch die Prozessneugestaltung keine externe Schweisswasserkühlung mehr benötigen und somit enorme Mengen Wasser einsparen.

Momentan wird in der Schuler-Pressen-Strasse ein neuer Roboter implementiert, um einen anderen etwas in die Jahre gekommenen zu ersetzen. Bei diesem wurden weitere Automatisierungsideen umgesetzt: Beispielsweise ein automatischer Spraybeöler, der das Werkzeug selbst beölen kann, sowie eine automatische Verstellung der Vakuumeinheiten am Teilegreifer, um unterschiedliche Teile bearbeiten zu können.

Ausserdem wird intensiv an der Schlosserei gearbeitet, wo Vormontagebaugruppen der gewerblichen Maschinen mit 8 bis 30 Kilogramm Füllmenge produziert werden. Die ganze Abteilung wurde komplett ausgeräumt und diverse Anlagen wurden ersetzt. Die Produktionsmitarbeitenden sanierten das ganze Gebäude in Eigenleistung, strichen die Wände neu und passten so alles dem neuen Marketingauftritt an. Unsere Mitarbeitenden führten dieses Projekt also voller Elan selbst durch und sind von ihrem Resultat hell begeistert! Nach und nach sollen so allen Hallen ein neuer Look verpasst werden. Die grösste Herausforderung der Modernisierungen und Sanierungen ist, dass gleichzeitig weiterproduziert werden muss. Es ist vergleichbar mit einer Operation am offenen Herzen.

Was ist alles schon erreicht worden?

Schulthess produziert alle Geräte auf Kundenbestellung und verkauft keine zuvor gelagerten Maschinen. Jede Maschine, die bestellt wird, durchläuft so direkt die ganze Produktionskette am Stück. Durch die komplette Umstellung der Haushaltsgerätemontage auf Lean Management konnte die Durchlaufzeit einer Maschine um 80 Prozent reduziert und der Maschinenausstoss um 40 Prozent erhöht werden. So können jetzt in acht Stunden 96 Haushaltswaschmaschinen hergestellt werden. Dank der Biegeanlage von Prima-Power werden die nötigen Blechteile automatisch hergestellt. Ausserdem kann die Anlage mannlos in der Nacht oder am Wochenende arbeiten. Durch ein neues Pulverzentrum in der bestehenden Pulverbeschichtungsanlage, wo die Maschinenteile eingefärbt werden, konnte der Aufwand eines Pulverwechsels auf einen Drittel der zuvor benötigten Zeit gesenkt werden. Dank all diesen Massnahmen können wir dem Ansatz der Mass-Customization – der kundenindividuellen Massenproduktion – Rechnung tragen.

Wie geht es den Mitarbeitenden mit den Modernisierungen?

Durch die Umstellungsprozesse und der damit einhergehenden Produktivitätssteigerung konnten fast alle Samstagsarbeiten eingestellt werden. Dank guter Planung kann ausserdem fast immer in einer 40-Stunden-Woche gearbeitet werden, was von den Mitarbeitenden der Montage sehr geschätzt wird. Doch ein Paradigmenwechsel führt bei Mitarbeitenden natürlich auch zu Unsicherheiten, die es offen zu besprechen gilt. Es ist meiner Meinung nach wichtig, die Mitarbeitenden ins Boot zu holen und alle so zu motivieren, dass sie in die gleiche Richtung rudern. Die Mitarbeitenden müssen in die Umstellungsprozesse eingebunden werden.

Was hält die Zukunft bereit?

Wir planen, eine Abkantpresse der Marke Bystronic mit ab- und anbaubarem Roboter einzuführen. Diese Anlage passt hervorragend ins Konzept der Blechfertigung, da sie am Tag – von einem Mitarbeitenden bedient – kleinere Serien an Kleinteilen biegen kann und in der Nacht ohne Mitarbeitenden Grossserien. Diese Anlage soll den letzten Gap der Automatisation schliessen. Bei den von Mitarbeitenden bedienten Abkantpressen möchten wir eine Anlage mit automatisiertem Werkzeugwechsler einsetzen. Auch die Schuler-Pressen-Strasse wird komplett modernisiert und Roboter an verschiedenen Stellen der Produktion sollen durch neuere ersetzt werden.